Liebe Dachse,

Nicht erst seit der Corona-Pandemie und ihren sozialen und ökonomischen Folgen für die Gesellschaften rund um den Globus wissen wir: The world is oasch.

Gegenwärtig sind in Österreich rund eine Million Menschen arbeitslos, in Kurzarbeit oder in AMS-Schulungen. Die Bundesregierung scheint sich noch immer nicht entschieden zu haben, ob sie nun die Gesundheit der BürgerInnen oder die Interessen der Wirtschaft schützen möchte und verlor sich folgerichtig in einem verheerenden Wirrwarr der Halbherzigkeit. All jene, die ihre Jobs behielten, sollen sich am Arbeitsplatz weiterhin der Gefahr einer Covid-19-Infektion aussetzen, während die vom Arbeitsmarkt auf die Reservebank Verbannten mittels drakonischer Maßnahmen aus der Öffentlichkeit gedrängt wurden.

Vor genau einem Jahr, zu Beginn des ersten Lockdowns, war mancherorts noch so etwas wie Solidarität zu spüren. In feurigen Sonntagsreden wurde von Regierung und Opposition die „Systemrelevanz“ von PflegerInnen, Care-ArbeiterInnen, und SupermarktkassiererInnen betont und vereinzelt sogar ins Feld geführt, die unverzichtbare Arbeit dieser Berufsgruppen müsse alsbald zeitlich verkürzt und höher entlohnt werden. Die Bereitschaft, die vorgegebenen (und zweifellos wichtigen) gesundheitlichen Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten, war groß. Die Menschen machten sich Mut und Hoffnung, so gut es eben ging.

Heute ist von all dem nichts mehr zu hören.

Was bleibt, ist die größte Rezession seit Jahrzehnten, eine defensive Linke, die aktuell keinen Fuß auf den Boden bekommt und ein mittlerweile von der FPÖ angeführter pseudo-kritischer Mob, der sich unter dem Decknamen „Volk“ Woche für Woche die Wiener Innenstadt einverleibt, um mit QuerdenkerInnen und Rechtsextremen aller Couleur für „Frieden“ und „Freiheit“ zu marschieren, koste es so viele Menschenleben wie eben notwendig. Das vielgebrüllte „Wir“ auf diesen „Anti-Corona“-Demos bezieht sich hierbei natürlich nie auf ein ganzheitliches, universelles „Wir“, sondern auf die vermeintlich natürlichen Vorrechte auf Wohlstand für österreichische StaatsbürgerInnen. Die dort geforderte Rückkehr zur alten „Normalität“ erscheint uns eher einfallslos als heldenhaft. Alltagstrott, Konkurrenz, Ausbeutung, Ohnmacht – und zum Runterkommen ein bissi Konsumgaudi. Gut, das ist ja wohl das Mindeste.

Ja, wir alle wollen ein Ende dieser Seuche.

Wir alle wollen raus aus der Isolation, uns wieder mit den Besten umgeben, eine Rückkehr ins öffentliche Leben, eine Perspektive für Kunst und Kultur, offene Bars, durchzechte Nächte, schwitzende Körper auf vollen Konzerten und vor allem: endlich wieder live spielen. Bis dahin sollten wir aufeinander aufpassen und uns überlegen, wie wir in naher Zukunft eine offene und solidarische Gesellschaft gestalten können.

So weit, so frustrierend.

Durch die mediale Überrepräsentation der Corona-Pandemie laufen wir Gefahr, auf all jene zu vergessen, mittels deren niederträchtiger Ausgrenzung quer durchs Parlament nur allzu gerne versucht wird, eine nationale Einheit zu konstruieren. So geschehen vor einigen Wochen, als ein vermummter WEGA-Trupp auf Geheiß des türkisen Innenministers spätnachts ausrückte, um minderjährige SchülerInnen in ein Abschiebeflugzeug zu setzen.
Unser Aufruf zielt auf die kontinuierliche Verdrängung von Menschen aus der öffentlichen Wahrnehmung ab. Menschen, die tagtäglich von EU-Behörden und Grenzpolizei auf hoher See abgefangen und zurück an die Küste gebracht werden. Menschen, auf deren Rücken nichts als zynische und rassistische Politik betrieben wird. Jene, die seit Monaten und Jahren um eine würdevolle Existenz frei von Elend, Krieg und Kummer kämpfen. Jene, die gänzlich ohne das Privileg eines europäischen Reisepasses auf die Welt kamen. Jene, die – sollten sie überhaupt so weit kommen – mitten in Europa vor Grenzzäunen ausharren und hoffen müssen, dass der Staat ihnen im Namen der „Menschlichkeit“ die Schleusen öffnet.

Für die meisten von ihnen bleibt dieses Szenario reine Illusion.

Wer es letztlich doch geschafft hat, ins Zentrum dieser europäischen Festung vorzudringen, soll in verdreckten Zeltstädten hausen, teils ohne Trinkwasser, Strom und Sanitäranlagen. In heillos überfüllten Camps, in denen oft keine Möglichkeit auf Mindestabstand besteht. Sei es auf Lesbos, Moria oder direkt vor der Haustüre, im 224 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernten Camp Lipa in Bihac (Bosnien).
Dieses Camp wird seit mehreren Jahren von der gemeinnützigen Organisation SOS BALKANROUTE betreut. Das Projekt rund um Petar Rosandic organisiert Nahrung, Medikamente und Kleidung, um das Überleben der dort Festsitzenden sicherzustellen. Dafür wurde SOS BALKANROUTE vergangenes Jahr mit dem Ute-Bock-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet.

Wir als Verein und Label wollen nicht länger passiv sein und die Köpfe schütteln. Wir wollen nicht bloß regiert werden, schon gar nicht von Parteien und Personen, die ausschließlich im Sinne der Profitlogik des Kapitals denken und handeln. Von Leuten, deren geheuchelte Menschlichkeit immer an die Interessen der nationalen Wirtschaft gekoppelt ist. Wir wollen nicht länger ohnmächtig zusehen, wie die Gesellschaft verroht. Wir wollen unserem demokratischen Recht auf Aktivwerden nachkommen und haben große Lust, Teil einer starken, fortschrittlichen Zivilgesellschaft zu sein. Wir wollen unsere Reichweite sinnvoll nutzen und SOS BALKANROUTE unter die Arme greifen, um zumindest für ein paar Menschen kurzfristig erträglichere Lebensbedingungen zu schaffen.

Wegen allseits geschlossener Grenzen sind wir in unserer Handlungsfähigkeit zur Zeit etwas eingeschränkt. Wir haben wir uns daher eine Spenden-Tombola für euch ausgedacht. Auf unserer Webseite www.honigdachs.at könnt ihr euch ab sofort so viele Spendenlose wie möglich kaufen. Jede Spende ab 30€ wird mit einem exklusiven „Honigdachs X SOS Balkanroute“-Shirt belohnt. Die Liste mit allen möglichen Gewinnen findet ihr hier.
Die Sammelaktion läuft bis einschließlich 1. Mai. Danach werden die GewinnerInnen per Losentscheid ermittelt und verständigt. Selbstverständlich übertragen wir sämtliche Einnahmen direkt an den Verein SOS BALKANROUTE.

In diesem Sinne bedanken wir uns jetzt schon für eure Aufmerksamkeit und hoffentlich auch für euren Beitrag! 

eine Liebe,
Euer Honigdachs